Schüleraustausch: Projeto Âncora (São Paulo) / Tamera

Oktober 2017

Nach 2 Jahren intensiver Vorbereitung haben wir es geschafft! Vom 01. bis 18. Oktober hatten wir Besuch von 18 Schülern, 2 Lehrern und 3 Eltern aus dem Projeto Âncora in São Paulo.
Nach einer politischen Reise mit unseren Jugendlichen 2016 nach São Paulo., wo wir 2 Wochen im Projeto Âncora und mit ihren Familien verbracht haben, wurde jetzt der 2te Teil des Schüleraustausches Wirklichkeit.

Wir haben die Gruppe aus Brasilien feierlich empfangen an unserem Platz der Kinder. Ein paar der Kinder kannten sich schon, doch für viele war es eine ganz neue Begegnung. Jugendliche aus den schwach verdienenden urbanen Geegenden von São Paulo, die das erste mal nach Europa reisen. Was würde man da erwarten? Wohl viele der Projektionen von Reichtum, Konsum und Glanz. Doch diese Gruppe hatte sich lange dafür vorbereitet, ein anderes Europa zu erleben: Das Leben einer Friedensforschungsgemeinschaft,  mit all ihren Herausforderungen, ein nachhaltiges Leben zu erforschen und zu gestalten.

Schon am Nachmittag die erste Herausforderung: Wir erzählen ihnen, dass bei uns sehr zutrauliche Wildschweine leben! Und dass wir versuchen, mit ihnen ein Zusammenleben in Kooperation aufzubauen und sie schützen vor den Jägern aus der Umgebung. Schon am gleichen Abend zeigten sie sich ganz in unserer Nähe. Das hatte die Gruppe aus Brasilien noch nie erlebt.

Wir hatten 2 Wochen Projektunterricht in 2 Gruppen: „Kunst und Geschichte Portugals“ und „Der Kreislauf eines nachhaltigen Lebens“. Schon nach den ersten Tagen kamen bewegende Erfahrungen.
„Ich habe das erste mal einen Samen in die Erde gepflanzt“ sagt ein junges Mädchen. Viel Freude war in der Gruppe, als sie gemeinsam den ganzen Kreislauf – vom Bodenaufbau, nachhaltigem Wassermanagement über Pflanzung, Ernte und Verarbeitung des Gemüses von Tamera  – mit ihren eigenen Händen durchlaufen und studiert haben. Dann kam das Thema Energie: Biogas, Solarenergie und die direkte Nutzung der Sonne zum Kochen. Beeindurckend, wenn ein Holz, dass man in den Fokus eines „Schefflerspiegels“ hält  nur von den Strahlen der Sonne nach 2 Sekunden anfängt zu brennen.
Und zuguterletzt die größte Heraususforderung: das Thema Kompost und speziell Komposttoiletten. Oh, da gab es ein Gelächter. „Iii, das werde ich niemals anfassen“…bis sich die Ersten trauten, sich das „Schwarze Gold“ – den verarbeiteten Kompost aus der Toilette – genauer anzusehen. „Das ist ja ganz normale, gute Erde!“
Bei der Kunst sind sich die Kinder durch die Freude am malen, basteln und kennenlernen der portugiesischen Kultur näher gekommen. Es sind wunrderbare Bilder entstanden und echte Künstler haben sich entpuppt. Das Ganze mündete in einer theatralisch/kreativen Auseinandersetzung mit der Geschichte Portugals – speziell der Kolonisationsgeschichte – aus 2 Perspektiven. Der Perspektive der Portuguesien und der Perspektive der Brasilianer. Ein Moment der Versöhnung, den Anderen sehen und besser verstehen zu können.

Am späten Nachmittag sind die Jugendlichen dann in die verschiedenen Familien und Gruppen von Tamera und unseren Kindern aus der Nachbarschaft gegeangen. Nach anfänglicher Schüchternheit haben sie sich sehr schnell eingelebt. Unter den Jugendlichen von Tamera entpuppten sich fast schon professionelle Gastgeber – Mante, ein Junge von 11 Jahren und der jüngste in der Gruppe, brachte jeden Abend die brasilianischen Jugendlichen in unserem Kulturzentrum, kümmerte sich um sie, brachte sie zurück, wenn die Jugendlichen Angst hatten, den Weg im dunkeln alleine zurückzulegen.
Nach und nach entwickelte sich das Kurlturzentrum zu unserem Abendlichen Treffpunkt, zu dem gegen Ende alle Jugendlichen kamen für Spiele, Austausch etc.

Im Assembleia – unserem gemeinsamen Abschluss der Schulwoche – waren wir erstaunt, wie schnell die Gruppe aus Brasilien das Vertrauen hatte, ihre Herausforderungen mit der Gruppe zu teilen. Lange Wanderungen, die sie so noch nie erlebt hatten, das ungewohnte vegane Essen etc….und nach und nach wuchs das Vetrauen sogar dahin, dass die Jugendlichen angefangen haben, ihre intimen Fragen von Freundschaften, Kontakt oder sogar den ersten zarten Verliebtheiten mit der Gruppe zu teilen.

Parallel dazu gab es Treffen unter den Lehrern und Eltern der 2 Projekte. Es war eine wunderbare Zeit mit Austausch über die Lernmethoden des Projeto Ancora, über die „Elternschule“ und die menschliche Arbeit und Konfliktlösungswege von Tamera.
Es war bewegend, andere Lehrer und Eltern zu treffen, die in der selben Tiefe arbeiten und suchen, wie sie den Jugendlichen das Wissen mit auf den Weg geben können, was sie für ein Leben in Zukunft auf unserem Planten brauchen…sozial, politisch, ökologisch, technologisch.

Die letzten 2 Tage fuhr die gesamte Gruppe – 35 Menschen – nach Porto, um dort die Escola da Ponte zu besuchen, noch ein Stück portugiesische Kultur und Geschichte kennen zu lernen und 2 Tage intensives Zusammensein zu verbingen.
Nach einer Führung von den Kindern der Escola de Ponte  und einem ersten Eindruck der Schule hatten wir ein bewegendes Gespräch über die Bedeutung von Schulen, die neue Lernwege aufbauen. Was brauchen sie, um im inneren die Freude, Zusammenarbeit und den Gemeinschaftsgeist auf Dauer beibehalten können, mit all den Herausfordrungen, die auf sie zu kommen in einer Gesellschaft, die das noch nicht unterstützt?
Es wuchs der Stolz in den Schülern über das Abenteuer, dass sich diese Beiden Schulen Escola da Esperanca und Projeto Ancora vorgenommen haben.

Wir wollen allen danken, die diesen Schüleraustausch möglich gemacht haben. Allen Lehrern, Eltern, Kindern und Jugendlichen, die sich auf diese neue Erfahrung eingelassen haben.
Wir grüßen unsere Freunde in Brasilien.
Der Austausch wir weiter gehen!